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Betreff: Von Mäusen

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Als wir, Herrchen und ich, neulich vom Vormittagsgassigang zurückkehrten, wunderte sich Frauchen, wie lange wir unterwegs gewesen seien. Und sie kritisierte Herrchen, er würde bei so langen Strecken mich bestimmt überfordern. Ich stützte diese These, so überraschend und falsch sie war, sogleich, indem ich mir den Spaß erlaubte, erschöpft zu blicken und ebenso erschöpft mitten in der Küche mich ruckartig hinzuwerfen, als würde ich zusammenbrechen.   In Wirklichkeit aber war es bei uns nur wie damals bei Odysseus. Zehn Jahre dauerte dessen Irrfahrt nach Ithaka, also nach Hause, so erzählt Homer. Die meiste Zeit davon aber lebte Odysseus, in jeder Hinsicht, wirklich in jeder, bestens versorgt, bei der Nymphe Kalypso, bevor dann wegen seines Heimwehs der ganze Ärger und die eigentlich Irrfahrt begann. So schlimm war es bei uns natürlich nicht. Wir sind nur deshalb so lange unterwegs gewesen, weil ich ein paar hundert Meter hinter unserem Haus auf einem abgeernteten Feld einer meiner ...

Betreff: Aus dem Tagebuch

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Montag Herrchen meint, ich solle meine Verteidigungsbereitschaft erhöhen und mir nicht immer alles gefallen lassen von anderen Hunden. Überhaupt, setzt er hinzu, wer im Wohlstand lebe wie ich, sollte bereit sein, seinen Wohlstand zu verteidigen, denn mit Wohlstand könne es auch schnell mal vorbei sein. Ich bin da anderer Meinung und teile sie, wie mir scheint, mit vielen. Je größer der Wohlstand, sage ich mir, desto geringer die Bereitschaft, ihn zu verteidigen, ja überhaupt noch irgendetwas für ihn zu tun. Und so handle ich auch, wenn man denn Nichtstun Handeln nennen darf.   Dienstag Auf einer abgemähten Wiese finde ich etwas Undefinierbar-Essbares und mache mich drüber her. Da kann Herrchen rufen, wie er will. Schließlich kommt er angerannt, er will wohl auch was abhaben. Aber das lasse ich knurrend und schnappend nicht zu. Auf dem Höhepunkt der Krise zwischen uns sehe ich auf dem Weg nahebei einen Wanderer kommen. Einmal im Flow, will ich jetzt den mir schnappen. Herrchen g...

Betreff: Auszeit

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Neulich ist auch Herrchen mal abgehauen. Für zwei Tage war er weg, unterwegs im Havelland, in Brandenburg also. Er wollte Orte besuchen, die er von seiner Kinderzeit her kennt. Allerdings wäre er nur wegen dieser Sentimentalität allein niemals losgefahren. Er wollte auch Recherchen für seinen neuen Roman anstellen, und zwar im Ländchen Friesack.   Damit verbunden war eine Nacht im Hotel, allein, oho. Oder doch nicht allein? Hätte Frauchen misstrauisch werden müssen? Ach, was, wie wir unser Herrchen kennen, so dachten wir und lagen richtig, fällt er schon bald erschöpft ins Hotelbett, um dort eine Nacht lang verzweifelt schlaflos zu bleiben. Frech fand ich jedenfalls, dass er ohne mich reiste. Beim Abschied habe ich deshalb pflichtgemäß halb empört, halb traurig geguckt. Aber im Grunde genommen war ich froh, an den beiden Hitzetagen seiner Reise zu Hause im Schatten vom Pflaumenbaum herumliegen zu dürfen, umhegt von der exquisiten Betreuung von Frauchen. War das nun eine Auszeit...

Betreff: Feelgoodmanager

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Neulich waren wir für ein paar Tage an der Ostsee, in einer Hotelanlage, die auf dem Gelände eines alten Gutes entstanden ist. So etwas interessiert Herrchen immer, also wurde sogar er reiselustig. Gleich neben der Rezeption hängen Porträtfotos vom Management des Hauses an der Wand, dabei auch ein Hund, der als Feelgoodmanager fungiert.   Oder vielleicht fungierte, wir jedenfalls bekamen ihn nicht zu Gesicht, die Fotos hängen dort bestimmt schon eine Weile. Ich fand das Foto vom Hund aber so anregend, dass ich mir dachte, für die kurze Zeit unseres Aufenthaltes den Feelgoodmanager zu übernehmen, ehrenamtlich, versteht sich. Hunde können so viele Aufgaben haben, manche hüten, manche jagen, manche führen Blinde oder helfen bei der Suche von Menschen. Mir wäre all das viel zu anstrengend, und wenn ich dann dabei womöglich auch noch draußen wohnen müsste und schmutzig würde – um Himmels Willen. Management aber ist gut, warm, sauber, normalerweise gut bezahlt und nicht überanstrengend...

Betreff: Bein heben

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Die Hühnerfarm bei uns um die Ecke wird von einem Pyrenäischen Berghund bewacht. Im Laufe der Zeit habe ich mich mit ihm angefreundet, auch wenn ich nicht einmal sein Namen kenne. Aber es ist immer ein Juchzen und Fiepen, wenn wir uns treffen.   Dann stehen wir am Zaun, ich davor und er dahinter, wir pinkeln und schnüffeln ein Weilchen miteinander herum. Wenn es wie im Eiskunstlauf dafür eine Bewertung gäbe, die A-Note für die sportliche Leistung, die B-Note für die künstlerische, würde er schon wegen seiner Körpergröße bei A super abschneiden. So hoch pinkelt kein anderer. Ich hingegen bin bei B gut aufgestellt, wortwörtlich. Ich pinkle nämlich sehr elegant. Wir heben das Bein, um weit hinaufzukommen, auch wenn wir uns dabei oft gegen eines unser anderen Beine pinkeln oder wenigstens die Pfote. Je höher, je eindrucksvoller die Botschaft, vor allem die an das weibliche Geschlecht. Wenn es gegen einen Baum geht, klettere ich immer noch ein Stück hinauf. Einmal wäre ich dabei beina...

Betreff: To barf

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Herrchen hält nichts vom Barfen. Barfen sei to barf, sagt er und glaubt Wunder was für ein Wortspiel gemacht zu haben. Dabei hört man das bei jeder Gelegenheit, to barf heißt „zum kotzen“.    Barfen meint, dem Hund Rohes zu füttern – nach dem Vorbild des Wolfes, für den bekanntlich keiner kocht und niemand Fertigfutter bereitstellt, so wie Herrchen das verlässlich für mich tut. Dem Wolf geschieht so etwas bestenfalls durch gelangweilte Soldaten auf weitläufigen Truppenübungsplätzen. Bei Fleisch bin ich fürs Barfen, nicht aber bei Gemüse und Obst, damit können sie mir gestohlen bleiben. Und welcher Wolf mag Heidelbeeren? Andere Hunde sehen das anders, ich weiß. Rapunzel erntet jeden Garten, egal was darin wächst. Und der kleine Buma, Neuzugang in der Hundegruppe, bekommt eine Heidelbeere in seinen Trinknapf geschwappt, damit er beim Erhaschen derselben auch gleich noch ein bisschen was trinkt, das tut er sonst nicht ausreichend. Besonders dieses Barfen finde ich erheiternd. H...

Betreff: Melone des Wohllauts

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Neulich war ein Freund aus Kindertagen zusammen mit seiner Ehefrau bei Herrchen zu Besuch. Unter den vielen Mitbringseln befand sich auch ein schöner Dreiklang für mich. Es gab nämlich Leckerlistangen (mit baldigem Verfallsdatum, zwinker, zwinker!). Dazu eher anstrengende Kaustangen für die Zahnpflege, die Herrchen zwar nicht selbst probierte, auf die aber zutrifft, was er, der alte Zucker-Junkie, gern bei vergleichbaren Gelegenheiten äußert: „Gesundes Zeug schmeckt nicht.“   Die dritte Gabe für mich war ein Kau-Spielzeug im seltsamen Design einer Wassermelonenscheibe. Die Melone wurde mir zunächst vorenthalten, denn Herrchen war in Sorge, dass ich vor den Gästen – und hier verwendete er ein empörend schiefes Bild – „womöglich die Melone gleich zu Kleinholz mache“. Nun, die Gäste reisten ab, mir wurde die Melone ausgehändigt, und bald stellte ich fest, dass sie in unterschiedlichen Tönen quietscht, fast so vielfältig wie eine Tonleiter. Einmal entdeckt, ließ ich es natürlich nach...