Posts

Betreff: Aus dem Tagebuch

Bild
Montag Herrchen lobt beim abendlichen Tagesauswertungsgespräch: „Sieh an, heute mal ohne Zwischenfälle. Ohne Jagerei, ohne Kläfferei mit anderen Hunden. Geht doch.“ Und ich denke: Da ist es wieder, dieses Zeitgeist-Ohne, das ich schon ab und an hier beklagen musste. Wo sind wir bloß hingekommen? Manchmal sagt er ja auch, wenn nichts los ist, „zwischenfallfrei“. Ich finde es besonders perfide, wenn auch noch aus dem Ohne, einem Mangel also, ein Frei wird, also Freiheit. So wie bei „laktosefrei“ und dergleichen Einschränkungen des Lebens. Für mich steht, unumwunden sei es gesagt, ein „Tag ohne Zwischenfälle“ ausschließlich für das eine Ohne oder den einen Mangel, nämlich dem an Lebensfreude und Spaß.   Dienstag Herrchen sagt, individuelle Freiheit und Rudelverantwortung gehörten zusammen. Natürlich sagt er das als Teil einer Strafpredigt wegen in seinen Augen nichtrudelgerechten Verhaltens. Er könnte auch gleich sagen, Freiheit sei die Einsicht in die Notwendigkeit. Damit sind sc...

Betreff: Am Stammtisch

Bild
Teckel: Jesses, wo waren Sie denn unterwegs? Die Zunge hängt Ihnen ja sonstwo. Hier, bedienen Sie sich, mein Trinknapf, Brunnenquell, ganz frisch. Es muss Sie ja furchtbar dürsten.   Ich: Danke, danke. Ich war auf der Jagd, erst ein Fuchs, dann ein Reh, volles Programm. Teckel: Auf der Jagd, soso. Und keinen Erfolg gehabt? Ich: Der Weg ist das Ziel. Teckel: Nun, dann war es keine Jagd. Bitte mir den Einwand nachzusehen. Ich: Woher wollen Sie das wissen? Teckel: Weil ich ein Jagdhund bin, im Gegensatz zu Ihnen. Ich: Sie? Mit ihren Stummelbeinen? Das ist doch albern. Hier, fühlen Sie mal meine Hinterläufe, wenn Sie da bei meiner Höhe überhaupt ankommen. Das sind Muskeln, was? Teckel: Klar, aber sie taugen, wie mir scheint, nur zum sinnlosen Losstürmen. Oder hat Ihr Herrchen Sie losstürmen lassen? Ich: Natürlich nicht. Der war sauer. Teckel: Sehen Sie, dem sind Sie einfach abgehauen und haben ihn hilflos stehen lassen. Ich: Na, nichts Besonderes, hilflos ...

Betreff: Pluralis majestatis

Bild
Susi hat es mit dem Rücken. Susi ist ein Dackel, bei Dackeln sind die Rücken lang, da kann sich viel Schmerz ansiedeln. Neulich trafen wir Susi bei meiner Hausärztin, die also offenbar auch die ihre ist. Susi trat zusammen mit ihrem Frauchen aus dem Behandlungszimmer, als wir im Warteraum gerade eingetroffen waren.   Herrchen fragte natürlich gleich mitfühlend, was mit Susi los sei. Ihr Frauchen antwortete: „Wir haben Rücken. Schon eine ganze Weile, die Spritzen haben uns bislang auch nicht geholfen. Aber wir hoffen natürlich, dass es uns endlich wieder besser geht.“ Herrchen nahm diese merkwürdige Redeweise sogleich auf, indem er sagte: „Und wir haben eine schlimme Pfote, ist aber schon deutlich besser.“ Dabei hatte Herrchen keineswegs eine schlimme Pfote, er hat ja überhaupt keine Pfote, so wenig Susis Frauchen Rückenschmerzen hatte, wenn auch immerhin einen Rücken. Ist das nicht eine seltsame Form des Pluralis majestatis, wenn das Wir verwendet wird, als wären wir eines, Her...

Betreff: Der Hase als Nashorn

Bild
Wer Verschwörungstheorien oder anderen kruden Gedanken anhängt, dem fehlt ein Hund. Nun wird kein Verschwörungstheoretiker sagen, dass er einer sei. Er hat es aus seiner Sicht schließlich mit der Realität zu tun, meistens einer bitteren, schrecklichen, die ihm viele Sorgen bereitet, da kann sein Wohlstandsalltag friedlich dahindümpeln wie er will. Also wird ihm auch der Hund fernliegen.   Aber ich muss doch feststellen, dass alle aus unserem weiteren Bekanntenkreis, deren Gedanken diese etwas seltsame Wege gehen, keinen Hund haben. Umgekehrt ist es so, dass Herrchen durch mich gar nicht auf den Gedanken kommen kann, seltsame Gedanken zu haben. Denn wir Hunde lenken ab, indem wir zeigen, wie vernünftig es ist, die Dinge so zu sehen und zu nehmen, wie sie wirklich sind. Wir können uns zum Beispiel nicht mit der Frage aufhalten, ob der dahinhoppelnde Hase womöglich ein Nashorn ist. Ich würde mir außerdem empfindlich selbst schaden, wenn ich Frauchens Leistungen in der Küche für Gift b...

Betreff: High Noon

Bild
Es war wie in einem guten Western, wie in „Zwölf Uhr mittags“. Wir saßen im Saloon, nahe dem Eingang. Dass irgendwo weiter hinten ein Kläffer unterm Tisch lag, bekamen wir erst gar nicht mit. Dann aber hörten wir ihn hin und wieder, bis sein Frauchen und er aufbrachen und nun in unsere Richtung, Richtung Ausgang, kamen. Der Kläffer kläffte und kläffte, und noch mehr, als er mich sah. Es ging mir auf die Nerven. Ich erhob mich und sagt ihm die Meinung, laut, klar und deutlich, wie das so meine Art ist. Ich hätte sie ihm auch gegeigt, eine richtige Schlägerei im Saloon, ich hatte Lust darauf. Aber Herrchen hielt mich zurück.   Wie in einem richtigen Western, wirklich: Totenstille im Saloon, nur der Kläffer und ich. High noon, zwölf Uhr mittags, wenn die Sonne keine Schatten wirft und der Marshal und die Bösen ihre Colts ziehen. Dann war er endlich fort, der Kläffer, ich legte mich wieder hin. Sein Frauchen aber kehrte noch einmal zurück und beschwerte sich vorn am Tresen – über mich!...

Betreff: Burger

Bild
Seit ich in das Leben von Frauchen und Herrchen getreten bin, wird im Rudel kein gemischtes Hackfleisch mehr gekauft, sondern ausschließlich Hackfleisch vom Rind – weil Schwein angeblich nicht gut für mich. Dann und wann brät Frauchen aus Hackfleischresten am Abend Burger. Die gute Nachricht daran: Ich bekomme immer ein Stück ab. Die schlechte Nachricht: Mein Teil ist stets deutlich kleiner als das von Frauchen und Herrchen.   Neulich war es wieder soweit. Mein kleiner Burger war schon fertig und kühlte in meinem beiseitegestellten Fressnapf ab. Die beiden großen Burger sollten eben in die Pfanne, als der langerwartete Nachbar kam, mit dem über ein Gartenprojekt zu sprechen war. Wir alle also raus in den Garten. Frauchen liebt Projekte, sie hat immer gleich mehrere im Kopf, so wie ein Jongleur mehrere Bälle in der Luft zu halten pflegt. Und wie ich so über ihr Projektwesen nachdachte und der Garten-Debatte zusah, fiel mir wie ein Blitz ein eigenes Projekt zu und ich eilte zurück ...

Betreff: Aufmerksamkeit

Bild
Ich weiß jetzt auch nicht, weshalb wir, Herrchen und ich, in der Hundegruppe einer Aufmerksamkeitsübung unterzogen werden. Ich kann mich wirklich nicht über Herrchens Aufmerksamkeit beklagen. Wann immer ich belle, knurre, fiepe, knurre, schon steht er neben mir und fragt nach meinem Befinden und meinen Wünschen.    Die Mahlzeiten kommen pünktlich, das Wasser ist immer frisch, das Bett bezogen, meine Spielsachen geordnet. Er ist viel unterwegs mit mir, macht auch dieses und jenes Spiel. Falls ich vergesse, mich mal zu lösen, erinnert er mich daran, den Beutel schon in der Hand. Auch Toilette macht er mit mir, so dass ich jedes Mal schöner hervorgehe, als ich hineingegangen bin. In allen mich betreffenden Streitfragen gibt er meinen verlässlichen Anwalt. Er ist mir gegenüber nicht nur aufmerksam, sondern dabei fast immer auch freundlich und zuvorkommend. – Ach so. Eben höre ich, es geht bei der Übung um meine Aufmerksamkeit Herrchen gegenüber. Da hatte ich etwas falsch verstan...