Betreff: Kind und Kegel
Das Rudel ist um ein Enkelkind gewachsen. Neulich wurde mir der kleine Racker vorgestellt. Selbstverständlich sah ich ein, dass für die Zeit seines Aufenthaltes er in meinem Haus der Mittelpunkt ist, nicht wie gewohnt ich.
Wir haben uns auch sofort verstanden. Ich nahm mir seinen Plüschaffen aus dem Gepäck und spielte an seinem nagelneuen Motorikbaum herum, interessant. Er hingegen fläzte sich schon bald auf meinem Diwan und ließ sich von meinem Quietschhund unterhalten.
Beide bellen wir gern, gern um die Wetter. Immer wenn ich mit Bellen fertig war, fing der Kleine an. Das war hübsch. Beide haben wir ein großes Schlafbedürfnis. Wir werden auch mal in der Nacht wach, der Kleine vor Hunger, ich eher aus dem Gefühl, mich überraschend erleichtern zu müssen, manchmal vorn, manchmal hinten. Und beide schätzen wir die gleiche Küche, weshalb der Racker tatsächlich von meinem Vorrat abbekam, nicht vom Trockenfutter, versteht sich, er zahnt eben erst. Zum Glück vertilgte er keine rauen Mengen von dem Gehackten mit Gemüse. So machte es mir nichts aus, generös ein bisschen abzugeben. Zumal Herrchen aus schlechtem Gewissen darauf achtete, dass mir in meiner zeitweiligen Randexistenz weder Unterernährung drohte noch sonst etwas fehlte.
Ich war übrigens überrascht, mit wieviel Gepäck die jungen Leute anreisten. Aber Herrchen machte mich darauf aufmerksam, dass eine Reise mit mir das Auto ähnlich fülle mit Taschen, Decken, Futtervorräten, Spielzeug und so weiter. Man spricht ja in solchen Fällen gern von Reisen mit Kind und Kegel, was heutzutage neben den Kindern die Haustiere und das Gepäck meint.
Herrchen, der
alte Spielverderber und Reisemuffel, konnte es allerdings nicht unterlassen,
auf dem heutzutage herumzureiten. Denn früher meinte Kegel die
unehelichen Kinder, kekel genannt. Und dann führte Herrchen sogar noch aus,
dass Kind und Kegel sprachlich ein Hendiadyoin sei – so wie rank und schlank,
Grund und Boden oder frank und frei. Müssen wir das wissen?
Nie und nimmer (Hendiadyoin!) wird Herrchen begreifen, dass diese Vorträge niemanden interessieren. Viel interessanter ist doch wohl, dass wir neulich noch einen anderen kleinen Racker zu Besuch hatten, einen Welpen, den ich im Dunkeln auf der Wiese aufgetan hatte, wo er von allen verlassen saß. Na, verlassen war er nicht, wie sich rasch herausstellte. Vielmehr ausgebüxt. Das Foto ging jedenfalls viral: „Och, ist der süß.“ Selbst das habe ich generös hingenommen. Denn alles kommt zu dem, der warten kann. Schon eine halbe Stunde später war ich wieder in meine vollen Haus- und Aufmerksamkeitsrechte eingesetzt und habe an diesem Abend Herrchen so richtig springen lassen.
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