Betreff: Aus dem Tagebuch
Montag
Wir sind in Dänemark, Jütland, ziemlich oben im Norden. Herrchen wirft sich todesmutig in die kalten Wellen der Nordsee und meint, mein Bellen am Strand zeige, wie sehr ich mir Sorgen um ihn mache. Mich nervt allerdings etwas anderes, Herrchen ist mir gleichgültig. Es geht um eine Drohne, die eine Frau neben uns aufsteigen lässt und die ich am liebsten aus der Luft holen will. Ist Dänemark ein Überwachungsstaat? Herrchen kommt glücklich aus dem Meer zurück, Frauchen aber guckt missmutig, weil sie die ganze Zeit über alle Mühe hatte, mich überhaupt an der Leine zu halten, während er sich vergnügte, oh, oh.
Dienstag
Frauchen brachte in die Beziehung zu Herrchen die Reproduktion eines Gemäldes ein, Peter Severin Kroyers „Sommerabend am Südstrand von Skagen“. Als Herrchen Frauchen das erste Mal in ihrer Wohnung besucht hatte, hatte er ihr gesagt, dass er das Bild im Original schon gesehen habe – im Kunstmuseum von Skagen. Nun steht unser kleines Rudel vor dem Museum, Herrchen und Frauchen wollen sich das Original anschauen, was gleichsam der eigentliche Anlass der Reise ist. Aber nun gibt es mich. Ich darf nicht in das Museum, ins Auto einschließen wollen sie mich nicht. Der Gedanke, dass einer vor das Bild tritt, während der andere sich draußen um mich kümmert, wird verworfen. Am Ende werden im Museumshop nur ein paar Ansichtskarten von dem Gemälde gekauft, wir ziehen weiter und keiner scheint unzufrieden. Rührend, oder?
Mittwoch
Unerwartet taucht die Sonne auf. Wir gehen an den Strand. Herrchen patscht mit nackten Füßen durch den Wellenschaum. Ich ebenfalls, mir bleibt auch nichts anderes übrig. Wegen der Leine. In Dänemark halten sie es streng mit dem Leinenzwang. Überhaupt scheint mir, haben die Dänen ein widersprüchliches Verhältnis zu Hunden. Es gibt sogar eine Liste mit verbotenen Hunden. Damit ich nicht an der Einreise gehindert werden kann, hatte mir meine Hausärztin noch einen blauen EU-Pass ausgestellt. Natürlich interessiert sich dann kein Hund und auch kein Schwein dafür.
Donnerstag
Einkäufe. Frauchen bekommt eine Salatschüssel, Herrchen eine Mütze, ich ein Eichhörnchen, leider nur aus Plüsch. Deutlich lieber als das Plüscheichhörnchen ist mir der Dünenhase, dem ich morgens durch die Dünen nachjage. Ich meine einen wirklichen Hasen, nicht solchen langbeinigen im knappen Bikini, die es hier auch gibt.
Freitag
Stürmisch, Regen. Am Strand von Loekken stehen im Sommer kleine Badehäuser. Zwischen denen spielt das Rudel Verstecken. Ich bestehe auf fotografische Begleitung, denn meine Serie „Wo verstecke ich mich vor Herrchen?“ auf den Internet-Kanälen erfreut sich immer wieder großer Beliebtheit, unabhängig von allen Ferien-Albernheiten.
Samstag
Auf der Rückreise machen wir Rast in einem Ausflugslokal in Schleswig. Viele Hunde sind da, ich bin der einzige, für den keine Liegestatt mitgebracht wurde und muss mit den Brettern der Terrasse vorliebnehmen. Ich bin auch der einzige, für den nichts vom Tisch abfällt. Am Nachbartisch redet eine Frau im mittleren Alter und ohne Hund sehr laut. Sie bestellt Salat, „aber ohne Petersilie, ich bin allergisch auf Petersilie“. Dann spricht sie zu ihrer Freundin vom „Nahkampf zwischen Mann und Frau“. Außerdem, erzählt sie, höre sie den „Zeit“-Podcast „Alles gesagt“. Herrchen, den das Gerede immer unruhiger macht, raunt mir schließlich zu: „Was für eine alberne Zeitgeistfrau, aber als solche in sich sehr stimmig.“ Herrchen und ich kommen zu der Meinung, wenn die Salat-Petersilie-Frau mit Männern nichts anfangen könne, solle sie es doch mal mit einem Hund versuchen. Aber bitte nicht mit mir!
Sonntag
Wie rasch man sich an das Zuhause wieder gewöhnt. Als Herrchen fünf Minuten nach 18 Uhr zum traditionellen 18-Uhr-Gang noch immer nicht erschienen ist, mache ich Rabatz. Wäre mir an der See nicht eingefallen, wo ich immer so geschafft war vom Reizklima.
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