Betreff: Neue Welten
Gibt es wirklich Leute, die sich freiwillig aufmachen, neue Welten zu entdecken? Oder machen sie das nur aus Abenteuerlust? Ist ihnen also bestensfalls der Weg das Ziel. Das lässt sich wohl so genau nicht unterscheiden. Alexander der Große war ein makedonischer König und zog dennoch nach Osten, bis nach Indien. Und er wäre noch weiter gezogen, hätte seine Mannschaft nicht gemeutert. Warum hat er das gemacht?
Warum machen sich Bergsteiger auf, den Himalaja zu bezwingen, und erfrieren dort auch gern oder stürzen ab? Warum steigen Leute in Raumschiffe und verglühen unaufgeregt im All? Was hat Amundsen und Scott auf ihrem Wettlauf zum Südpol angetrieben, wo einer nur überleben konnte? Weshalb provoziert Ella von nebenan immerzu die Pferde auf der Weide, stets in der Gefahr, von einem Pferdehuf getroffen zu werden?
Schläfrig im Garten liegend stelle ich mir manchmal solche Fragen, weit davon entfernt, mich persönlich irgendwelchen Gefahren auszusetzen, höchstens mal im Urlaub, trabend zwischen Meer und Strand. Ich bin doch nicht blöd und ziehe nach Indien, ins All oder auf die Pferdeweide vor unserem Haus.
Dennoch hilft es nichts, auch ich habe es gelegentlich mit neuen Welten zu tun bekommen. Bei mir aber war es immer ein Muss. Ich wurde in neue Welten gestoßen und bin nicht freiwillig hingegangen. Ich sage nur: zweimal Tierheim, und sage damit alles. Zwischendrin mal hier, mal dort. Immer ungewollt auf Entdeckungsreise. Schön ist das nicht.
Aber bei mir ist es wie bei Kolumbus. Fährt los, den Seeweg nach Indien zu finden, und landet in Amerika. Ich landete bei dem mir bis dahin vollkommen unbekannten Eiland Herrchen. Andere erwischt es noch viel schlimmer. Unserer knuffigen Rapunzel – ich kann es immer noch nicht fassen – ist das tolle Frauchen gestorben. Auch Rapunzel muss nun in eine neue Welt hinein, immerhin nicht mit Zwischenstation Tierheim. Ihre neue Welt ist wenigstens schon entdeckt, beschnuppert, bepinkelt und ausprobiert. Man weiß dort sogar, dass sie ein Heimscheißer ist und nimmt Rücksicht. Da kann also nicht so viel schiefgehen, und außerdem bin ich als alter Bekannter mit großer Regelungskompetenz ja auch noch da.
Auch Herrchen sind alle neue Welten suspekt, wen kann es ernsthaft verwundern. Ihm ist es schon schier unüberwindlich, unser kleines Gehöft zu verlassen, um auf dem Parkplatz am Supermarkt alle Gefahren von Südpol, Indien, Himalaja, Weltall und Pferdekoppel zugleich zu begegnen.
Ich finde das freilich übertrieben und sogar selbstsüchtig, denn ich sitze auf dem trostlosen Parkplatz schließlich die ganze Zeit in meiner Box, während er in den Supermarkt hinein darf, sogar bis zur Fleischtheke. Ich versinke bei meinem Warten allerdings keineswegs in Depression, was beim umgekehrten Fall – er in der Box, ich an der Fleischtheke – mit Sicherheit bei ihm die Folge wäre. Ich unterhalte mich vielmehr mit dem Gedanken an all die schönen Einkäufe, die da gleich ins Auto geladen werden, meistens sind Würstchen dabei, und nicht defätistisch mit Himalaja oder Indien.
Woran ganz nebenbei erkennbar wird, dass man sich an neue Welten irgendwann gewöhnt – wie halt an alles. Und irgendwann ist man so weit in der neuen Welt angekommen, dass es Zeit wird, dort Umgestaltungen anzuregen. Heute kann ich voller Stolz wie einst Alexander sagen: Meine neue Welt bei Herrchen ist nicht einfach nur erreicht, ich habe sie auch erobert.
Der staubigen Geruch der Langeweile – hinweg ist er. Man nehme dies wörtlich. Alles im Haus riecht jetzt nach meiner Lebenslust. Gerade eben sagt Frauchen, mein Liegeplatz zu Füßen ihres Schreibtischs müsse mal wegen der Geruchsbelästigung – wörtlich spricht sie von „Gestank wie im Tigerkäfig“ – gewaschen werden. Herrchen und ich sind prompt dagegen. Wir lieben diesen Geruch. „Alter Stinker“ ist längst eine Liebkosung, die wir uns gegenseitig angedeihen lassen.
Auch dies darf übrigens wörtlich genommen werden, denn Herrchen kommt seit meiner fordernden Gegenwart nur noch selten dazu, entspannt zu duschen. Ich meine sogar sagen zu können, ich stehe häufiger unter der Dusche als er. Denn es ist zu einer schönen Tradition bei uns geworden, dass ich nach Parfümierungen in freier Wildbahnlosung freundlich ins Bad geleitet werde, eigenes Shampoo und Bademantel inklusive, Herrchen mit Handtuch über dem Arm als Bademeister.
Auf Instagram unter elvis.blog
Warum nicht einmal als Bademeister? Eine amüsante Vorstellung.
AntwortenLöschenAlso Elvis, auf diesem Bild bist du sooo fotogen, dein Herrchen, sprich Bademeister ;-)) sollte es vergrößern und über seinen Schreibtisch hängen...!!! Gruß von Hundedame Pupy
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