Betreff: King und Kong

Neulich gab es mal wieder einen Kong für mich. Ein seltenes Ereignis, dass der mir serviert wird. Ein Kong ist ein birnenförmiges Plastikteil, jedoch etwas größer als eine Birne, mit einer kleinen Öffnung oben und einer größeren unten. Durch die untere Öffnung lässt er sich befüllen, in unserem Fall mit Gehacktem vom Rind. Wenn ich einen solchen Kong bekomme, dann ist er allerdings nie vollständig gefüllt, sondern nur zu einem herrchengeizhalsmäßigen Drittel.

 

Es macht dennoch Spaß, mit dem Kong im Maul in den Garten zu eilen, ein schönes Plätzchen zu suchen und genüsslich das Hackfleisch rauszuholen und aufzuschlecken. Ich muss den Kong ordentlich mit den Zähnen drücken, damit das Fleisch rausquillt, und außerdem meine lange Zunge zum Einsatz bringen. Der Kong ist – diese Plattheit muss jetzt sein – mein King. Und er ist im Übrigen ein Beweis dafür, dass, wann immer es wirklich draufankommt, es ohne die Vereinigten Staaten von Amerika nicht geht, in der großen Welt nicht wie auch bei uns im kleinen Rudel.

Denn der Kong ist ein amerikanisches Produkt. Eigentlich heißt die Firma so, Kong Company, und stellt auch andere herausfordernde Hunde-Produkte her. Aber wie etwa bei Google ist auch beim Kong der Firmenname zu einem allgemein bekannten Produktnamen geworden. Allerdings spricht man bei Google von googeln, beim Kong nicht von kongen, fällt mir eben ein. Nun, ich kann es ja hier kreativ einführen. Ich konge also, wenn ich den Kong bearbeite.

Tja, Amerika. Herrchen sagt immer, ohne Amerika gäbe es keine richtige Freiheit und keinen Antiamerikanismus, der bei uns so vielen so viel Freude bereitet – jedenfalls so lange es nicht draufankommt. So wie ich gern auf Herrchen schimpfe, das aber zu den Mahlzeiten aus reinem Selbstschutz sogleich einstelle.

Was wäre unser Haushalt ohne den Dyson, den amerikanischen Staubsauger, der wie eine Waffe aussieht und den Krieg gegen meinen ökologischen und sonstigen Fußabdruck in der Wohnung zwar nie wirklich gewinnt, aber es doch vermag, wenigstens für ein paar Stunden eine Art Waffenstillstand herzustellen.

Was wäre aus Herrchen geworden, wenn er in seiner Berufszeit, wo er so oft unterwegs sein musste, in seinem Berichtsgebiet nicht sämtliche Standorte von McDonald gekannt hätte, die ihm eine verlässliche Versorgungssicherheit gewährten. Versorgungssicherheit ist ihm nämlich allemal wichtiger als Geschmack, verstehe ich. Und wenn wir schon beim Essen sind, auch den Burger verdanken wir Amerika. Frauchen ist eine Burger-Meisterin. Selbstverständlich werde ich berücksichtigt, wenn sie Burger macht, freilich nur mit dem Mittelteil, dem Hamburger. Aber was heißt da „nur“, auf den Hamburger kommt es schließlich an. Manchmal wird mir der Hamburger sogar mit einem Spiegelei verziert, toll, was? Feste sind das, an die nicht einmal der Kong herankommt. Amerika, du hast es einfach besser.

Aus dem Hause Kong stammt auch mein rosa Wildschwein, ich erwähnte es gelegentlich wegen seiner Eigenschaft, ein unzerstörbares Spielzeug zu sein. Es wäre für Amerikaner mit ihrem seltsamen Fernsehgeschmack gewiss eine erheiternde Sitcom, wenn sie die Wirkung des Kong-Erzeugnisses bei uns sähen. Wenn nämlich Herrchen das Wildschwein irgendwo in der Wohnung versteckt und dann immerzu unter spastischer Bewegung albern aufgeregt mich anfeuert: „Such das rosa Wildschwein!“ Such! das! rosa! Wildschwein!

Um aber auf den eigentlichen Kong zurückzukommen: Er hat noch einen Vorteil. Wenn Herrchen mich auffordert, den von mir zuvor im Garten ausgeschleckerten Kong ins Haus zurückzuholen, tue ich das gern und lege ihn auch immer gleich artig in die Geschirrspülmasche. Denn dafür gibt es von Herrchen noch ein Leckerli als Belohnung obendrauf. 

Weniger der Ordnungssinn treibt mich da freilich an, sondern der Überlebenswille. Denn durch die Leckerlis wird notdürftig die lächerliche Drittel-Kong-Menge aufgestockt, die doch nur dazu reicht, auf den Geschmack zu kommen. Wo doch eigentlich so phantastisch viel Platz in einem Kong ist, wohl für ein ganzes Pfund Gehacktes. Eben leistungsfähig amerikanisch, jeder Not gewachsen. Immer groß. Immer viel. Einmal einen wirklich prall gefüllten Kong zu bekommen, das muss der American Way of Life in höchster Vollendung sein.

 

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