Betreff: Leckerli

Neulich bekam Herrchen ein Leckerli von Frauchen in Form eines Stücks Torte. Nun könnte man berechtigt daran zweifeln, ob ein Stück Torte in seinem Umfang und seiner preislichen Gestaltung noch unter Leckerli laufen sollte. Aber viel interessanter ist doch die Frage, weshalb Herrchen das Leckerli kriegte. 

 

Ging es Frauchen darum, für die neue Küche die helle Gestaltung durchzusetzen? Das ist Herrchen doch sowieso egal, oder? Oder gab es noch eine anderen Punkt, den Frauchen gegenüber Herrchen machen wollte, machen musste? Oder wollte sie sich nur bei ihm bedanken, etwa dafür, wie er mich von früh bis spät betreut? Allerdings würde ich für unvollkommene Leistungen nie ein Leckerli bekommen, schon gar nicht im Umfang eines Tortenstücks.

Freilich kommt Frauchen hin und wieder mit einem Leckerli für Herrchen an, etwa wenn es preisgesenkt Bismarck-Kugeln im Supermarkt gab, äh, Mozart-Kugeln. Da komme ich immer völlig durcheinander, in Dänemark neulich im Urlaub gab es auch noch Napoleon-Hüte und Mozart-Boller, mit denen Herrchen erfreut werden konnte, Frauchen und ich weniger, wenn wir zuschauen mussten, wie er sie schmatzend vertilgte. 

Wie auch immer, die Leckerli-Gaben für Herrchen sind selten, deutlich häufiger aber kritisiert Frauchen ihn für seinen aus ihrer Sicht exorbitanten Zuckerverbrauch. Wo doch raffinierter Zucker ein Gift sei, was man schon daran erkenne, dass ich so etwas überhaupt nicht bekomme. Das ist dann ähnlich verrückt wie das Wahlergebnis in Thüringen. Erst eine Mozart-Kugel oder ein Mozart-Boller, dann Meckern über Herrchens Freude am Gift des Zuckers; erst entschiedene Politik wollen und sie dann unmöglich machen.

Umgekehrt hat Herrchen keine Chance, Frauchen mit einem Leckerli zu erfreuen. Sie kommt aus der Salatfraktion, die sich aus Herrchens Sicht übrigens durch und durch weiblich gestaltet. Da ist dann gar nichts zu wollen, nicht einmal mit einem Salatblatt.

Folgen für mich hat das insofern, weil sich Herrchen offenbar sagt, wenn schon Frauchen kein Leckerli von ihm bekommt, dann soll auch ich keines bekommen. Tatsächlich ist er bei Leckerlis zurückhaltend, um es euphemistisch auszudrücken. Frauchen hingegen zeigt sich viel freigiebiger, sogar auf Spaziergängen ist sie wurststückbestückt, wo Herrchen nie etwas dabei hat.

Oder um noch ein anderes Beispiel zu geben, wie die beiden mich unterschiedlich behandeln: Wenn ich im Laufe des Tages vier meiner Plüschtiere im Garten verteilt habe und sie abends vor dem Zubettgehen einsammeln soll, dann lässt mich Herrchen viermal laufen, bevor er sich dazu bequemt, mir ein Leckerli zu reichen. Und manchmal fällt selbst dieses kleine Dankeschön seinem unzureichenden Kurzzeitgedächtnis zum Opfer. Wie anders Frauchen. Viermal Laufen, viermal Leckerli plus Bonus.

Wie kommt es, dass Herrchen und Frauchen da so unterschiedlich an mir handeln? Ich vermute, die krankhafte Sprödigkeit bei Herrchen liegt an seinem schrecklichen Zuckerkonsum. Wirklich extrem schädlich. Da hat Frauchen recht. Wie immer eigentlich.

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