Betreff: Schnarchen
Herrchen hat nichts zu tun, weshalb er Gedichte schreibt. Die Produktion dieses Jahres hat er jetzt in einem Heft herausgebracht, und nun erwartet er, dass alle Welt auf sein fragwürdiges Werk aufmerksam wird. Rechnet er ernsthaft mit einer Besprechung? Wo er doch selbst aus seiner Berufserfahrung weiß, dass Besprechungen allenfalls die Eitelkeit des Autors und die Eitelkeit des Besprechers bedienen. Es gibt außerdem kaum noch welche. Und ich muss sagen, wenn die Rezension als journalistische Darstellungsform bald ganz verschwunden ist, wäre das nicht so schlimm wie ein nur halbgefüllter Napf.
Nun, ich bin kein Unmensch, deswegen bringe ich hier eine Kritik dieses Gedichtbändchens „Klang des Glücks“. Damit es wenigstens eine gibt. Mir fällt das nicht weiter schwer. Eine alte Journalistenweisheit, die ich von Herrchen habe, sagt nämlich: Verrisse schreiben sich von selbst.
Lächerliche zwanzig Seiten umfasst das Heft. Die meisten Seiten sind fast ausschließlich weiß und leer. Keines der Gedichte weist einen Reim auf. Auch handeln sie fast ausschließlich von alltäglichem Kram. Da ist mir tatsächlicher Alltag doch lieber.
Gute Lyrik erkenne ich daran, ob ich in den Texten vorkomme. Immerhin: In zwei Gedichten ist das Fall. Aber wie! Gleich im ersten ergeht an mich die Aufforderung, Herrchens böse Geister zu beißen, wenn sie in den Raunächten losgelassen sind. Freilich wird weder erwähnt, wann, wo, wie noch auf welche Weise das geschehen soll. Unverbindliches Gekläff also.
In einem anderen Gedicht sieht sich Herrchen morgens oben im Bett liegen (wieso oben?), hört Küchengeräusche (von Frauchen?), hört, wie der Hund (ich?) zum Frühstück gerufen wird und schließlich er selbst – und das alles als Glück empfindet. Das ist schon deshalb kompletter Blödsinn, weil in unserem kleinen Rudel Herrchen selbst Frühstücksbeauftragter ist. Außerdem frühstücke ich grundsätzlich nach Herrchen und Morgengang mit ihm.
Nett jedoch ist die Zeichnung auf dem Umschlag des Heftes, die ein Freund von Herrchen, Klaus Marsiske aus Greifswald, beigesteuert hat. Die Zeichnung spielt mit dem Ranking, welche Klänge besonders glücklich machen. Für Herrchen steht da an prominenter Stelle das Schnarchen des Hundes. Peinlich, oder? Ich kann es mir nur so erklären, dass Herrchen froh ist über dieses Schnarchen, weil er, wenn ich schlafe, sich mal nicht um mich zu kümmern braucht – und vermutlich Gedichte schreibt.
Auf der letzten Seite des vorliegenden Werkes kann jeder Leser (welche Leser?) selbst eintragen, was für ihn Klänge des Glücks sind. Was würde ich da hinschreiben? Jedwede Geräusche des Napfes müsste ich erwähnen. Auch das Klicken, wenn ich abgeleint werden. Das Jauchzen bei der Jagd. Vor allem aber Frauchens hübsch-auffordernden Ruf manchmal, wenn wir unterwegs sind: „Hier hat einer ein Wurststückchen verloren.“
Alles sehr banal, gebe ich zu. Genauso banal wie Herrchens Gedichte. Und so gesehen haben wir es hier mit einer in sich geschlossenen Leistung zu tun, und das Bemühen des Autors ist erkennbar.
Bestellungen über info@frankpergande.de
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