Betreff: Körpersprache
In der Beziehung zwischen Herr und Hund muss es gewisse Normen geben, sonst wäre alles nur Chaos. Voraussetzung dafür ist ein wünschenswertes Verhalten in den verschiedenen Situationen des Alltags, das nicht einfach von selbst da ist, sondern mühselig „aufgebaut“ werden muss.
Diese Aufbauarbeit dauert, sie geschieht in kleinen Schritten, und jeder Schritt sollte mit Belohnung verbunden sein. Jeder, der mit Hunden lebt, weiß das oder sollte es wissen. Zentrale Bedeutung dabei kommt der Körpersprache zu. Eindeutig soll sie sein und Energie zeigen. Zwei anderer Begriffe, die in diesem Zusammenhang als wichtig gelten und im Grunde dasselbe meinen, lauten Ansprechbarkeit und Abrufbarkeit.
Ich beherrsche das alles und könnte hier viele Beispiele geben, wo es mir gelungen ist, ein von mir gewünschtes Verhalten bei Herrchen aufzubauen. Nehmen wir nur einmal das Leckerli nach dem Mittagsgassigang. Schon lange war mir klar, dass unsere anspruchsvollen Mittagstouren über viele Kilometer durch Feld und Flur auch mit einem anspruchsvollen Leckerli abgeschlossen werden sollten. Herrchen nimmt dann schließlich auch sein Mittagsmahl, und ich konnte einfach nicht glauben, dass ihm daran gelegen sein sollte, mich sozusagen neben seinem Teller verhungern zu lassen.
Herrchen, noch unerfahren im Umgang mit Hunden, begriff diesen Zusammenhang nur langsam. Schritt für Schritt musste ich ihn körpersprachlich dahin führen. Immerhin war er von Anfang an immer gut abrufbar. Ich stelle mich, sobald wir wieder zu Hause sind, etwas breitbeinig auf, spitze die Ohren und sehe Herrchen durchdringend und unverwandt an. Das mache ich auch heute noch so, damit er seine Pflicht ja nicht vergisst, er neigt dazu.
Irgendwann hatten wir den Durchbruch. Herrchen kam nicht mehr nur mit einem Käse- oder Wurststückchen an wie abends beim Absacker (siehe dort), es gab dann schon Kaninchen-, Ochsen- oder Schweineohren, Hühnerfüße, getrockneten Pansen oder Rinderlunge, Kaustangen aller Art, wenn sie nur schön groß sind. Es gibt gelegentlich auch einen gefüllten Kong oder einen Ochsenziemer.
Damit freilich war der Verhaltensaufbau bei Herrchen keineswegs beendet. Im nächsten Schritt musste ich ihm klarmachen, welche von all den Angeboten ich besonders schätze und welche nicht. Was war er enttäuscht, als ich den getrockneten Pansen einfach im Garten liegenließ, aber ich konnte ihn auch wirklich nicht mehr sehen. Kaninchenohren mit Fell mag ich auch nicht immer, aber manchmal schon, auch hier zeige ich meine Stimmung körpersprachlich unmissverständlich.
Wieder in einem nächsten Schritt baute ich bei Herrchen das Verhalten auf, dass er mir bei verschmähtem Leckerli zum Ausgleich ein anderes reicht. Also für den ollen Pansen ein Stück getrocknetes Filet oder vielleicht sogar ein gegartes, wenn Frauchen eines in petto hat.
Jetzt folgte das Schwierigste. Das Filet mit Begeisterung verzehren und sich dann doch noch dem Pansen zuwenden. Bei Herrchen musste also die Tolerierung einer doppelten Portion als Verhaltensmuster aufgebaut werden. Auch das gelang und ist derzeit unser Niveau. Ich bin mit seinem Verhalten weitgehend zufrieden. Und wenn nicht alles täuscht, hat sich Frauchen im Umgang mit Herrchen körpersprachlich einiges von meiner erfolgreichen Arbeit abgeschaut.
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