Betreff: Fahrt nach Schwerin
Neulich waren wir in Schwerin. Herrchen hatte dort eine Lesung. Volkshochschule, Seniorengruppe, Raum 12, nicht Raum 10, wie ihm gesagt worden war.
Zuerst aber ging es auf die Marstallwiese. Wir hatten sie ganz für uns und sind dort umhergetollt. Ich wurde bei all dem Gespringe schön locker und konnte die Sache mit einem großen Haufen abschließen. Danach durfte ich mich, von allen geliebt, inmitten des berühmten „Freischütz“ fläzen, während Frauchen und Herrchen zu Mittag aßen. Ich ging dann mit Frauchen in ihre kleine Wohnung, Herrchen zu seiner Lesung.
Dort wurde er zunächst mit Honorarfragen begrüßt. Das Honorar betrug 12,50 Euro. Für Honorare gibt es einen Vordruck der Volkshochschule, den die Leiterin der Gruppe aber nicht dabei hatte. Also wurde alles handschriftlich abgefasst, Herrchen glaubt nicht daran, sein Honorar je zu bekommen. Eigentlich hatte die Leiterin angekündigt, zwei Gruppen zusammenzufassen, damit auch das Honorar doppelt werde, „aber im laufenden Jahr lässt sich eben nichts mehr ändern“.
Zur Gruppe – ausschließlich Frauen – meinte die Leiterin zur Begrüßung, sie könne über Herrchen nichts sagen (kleiner honorarfreier Tipp von mir: Er hat einen schönen Internetauftritt, schön schon deshalb, weil auch ich dort vorkomme). Sie forderte ihn also auf, sich selbst vorzustellen. Er tat es und las dann aus einem seiner Romane, das kann er ja. Kaum aber hatte er begonnen, fielen der Seniorengruppe die Augen zu, es war ja auch noch Mittagsschlafzeit.
Nach dem Erwachen meinte die Leiterin, sie habe Liebesszenen vermisst, wo er doch selbst angekündigt habe, aus einem Liebesroman zu lesen. Als er am Schluss erwähnte, nächstes Jahr werde es einen Roman von ihm um Königin Luise geben, sagte eine der Frauen in der Gruppe: „Wie, davon gibt es doch schon so viele.“
Manchmal werden bei solchen Lesungen auch Bücher verkauft. Nicht in der Seniorengruppe, deren Leiterin gleich sagte, sie habe beschlossen, kein Buch mehr zu erwerben, sie habe schon so viele. Herrchen bekam schließlich ein paar Gartenzweige in einer Plastiktüte in die Hand gedrückt. Er schlich sich davon, während die Damen ihre Kalender zückten für die nächste Begegnung mit einem ihrer, ja wie soll ich sagen, Opfer.
Einmal war ich bei einer Lesung von Herrchen dabei, in Dömitz. Da habe ich ihm ordentlich reingebellt, um alle Schläfer zu wecken. Warum hat er mich diesmal nicht mitgenommen? Freilich hätte ich dann darauf bestanden, die 12,50 Euro in meine Kasse zu bekommen.
Ich saß während seiner Lesung Luftlinie knapp zwei Kilometer entfernt zu Frauchens Füßen und ließ mich kraulen. Frauchen wollte die Gartenzweige dann auch nicht. So landeten sie auf dem Karton mit den unverkäuflichen Büchern, als wir wieder nach Hause fuhren. Auf der langen Fahrt erzählte mir Herrchen von seinen Erlebnissen in Raum 12. Allerdings erging es mir wie den Damen in der Volkshochschule: Kaum startete der Motor, fielen mir die Augen zu.
Oje, das war ja ein voller Erfolg für Herrchen. Eigentlich hätte er auch einschlafen können, dann hätte es sich etwas Gutes getan. Du darfst dein Herrchen nie wieder allein in eine Volkshochschule schicken!
AntwortenLöschenHallo Elvis, mein Frauchen amüsiert sich regelmäßig über deine Geschichten. Diese ist besonders komisch, auch wenn es hauptsächlich um dein armes Herrchen ging. Vielleicht hätte er besser Geschichten über dich vorgelesen, da wäre wenigstens niemand eingeschlafen.
AntwortenLöschenDeine Artgenossin Rosi aus Rostock