Betreff: Sondervermögen
Neulich bekam ich die Gelegenheit, mir die Leckerli-Vorräte für Wochen komplett zu angeln und damit ein Festmahl zu halten. Ich trug zunächst alles aus dem Heizungsraum, wo solche Sachen normalerweise ihren Platz haben, hinüber in Frauchens Zimmer, weil es da so schön und sonnig ist, und baute auf dem Teppich die Tafel auf. Leider mangelten mir Gäste. Auch Herrchen war nicht da, da aber zum Glück, denn sonst hätte er diese Lebenslust sicherlich in gewohnter Misslaunigkeit zu unterbinden gewusst.
Mein Exzess brachte drei entscheidende Vorteile. Erstens: Es schmeckte mir und ich konnte mich mal satt essen. Zweitens: Ich setzte ein klares, unübersehbares, damit überzeugendes Zeichen gegen das Alleingelassenwerden. Drittens: Ich konnte etwas für Herrchens Gesundheit tun, sowohl für seinen Adrenalinspiegel als auch seinen Blutdruck. Er hatte richtig Farbe, als er die Reste meiner Tafel entdeckte und ungebeten die Abräumarbeiten übernahm – statt daraus einfach Eat-Art zu machen und meine Popularität auch künstlerisch zu fördern.
Allerdings wurden mir in der Folge Abendbrot und Absacker gestrichen. Das fand ich empörend, denn in der großen Politik kommt zu den Milliarden-Sondervermögen doch auch immer noch der normale Milliarden-Haushalt.
Und wenn wir schon bei Vergleichen aus der Politik sind: Mein Maulbereich verhält sich zu meinem Verdauungstrakt wie Wahlversprechen zur tatsächlichen Politik nach der Wahl. Denn in der Nacht nach meinem Exzess bekam ich heftige Bauchschmerzen, weckte Herrchen mit meinem Jammern und ging mit ihm morgens um drei gasseln. Es folgten in den nächsten Stunden mehrere Explosionen hinten, wie meine Hausärztin sagen würde. Außerdem unbeschreiblicher Durst, so dass Herrchen in der Nacht zweimal meinen Wassernapf neu füllen musste. Und schließlich kam es am nächsten Tag zu einer empfindlich juckenden allergischen Reaktion meiner Haut im Bauchbereich. Was für Gifte sind nur in diesen Leckerlis, wo bleibt da die Lebensmittelsicherheit?
Ich habe so gelitten, aber für Herrchen hatte mein Leiden natürlich wieder ein Gutes, nämlich eine eindrucksvolle Bestätigung seiner uralte Sentenz (die, nebenbei bemerkt, natürlich ebenfalls auf die Politik zutrifft): Alles, was uns gut tut, bekommt uns schlecht.
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