Betreff: Der Hase als Nashorn
Wer Verschwörungstheorien oder anderen kruden Gedanken anhängt, dem fehlt ein Hund. Nun wird kein Verschwörungstheoretiker sagen, dass er einer sei. Er hat es aus seiner Sicht schließlich mit der Realität zu tun, meistens einer bitteren, schrecklichen, die ihm viele Sorgen bereitet, da kann sein Wohlstandsalltag friedlich dahindümpeln wie er will. Also wird ihm auch der Hund fernliegen.
Aber ich muss doch feststellen, dass alle aus unserem weiteren Bekanntenkreis, deren Gedanken diese etwas seltsame Wege gehen, keinen Hund haben. Umgekehrt ist es so, dass Herrchen durch mich gar nicht auf den Gedanken kommen kann, seltsame Gedanken zu haben. Denn wir Hunde lenken ab, indem wir zeigen, wie vernünftig es ist, die Dinge so zu sehen und zu nehmen, wie sie wirklich sind.
Wir können uns zum Beispiel nicht mit der Frage aufhalten, ob der dahinhoppelnde Hase womöglich ein Nashorn ist. Ich würde mir außerdem empfindlich selbst schaden, wenn ich Frauchens Leistungen in der Küche für Gift böser Mächte hielte. Und was würde ich mir vergeben, wenn ich den Postboten in seinem Schwefelgelb respektvoll als geheimnisvollen Botschafter teuflischer Sendungen ansähe. Nein, jeder Hase will gejagt, jeder Gruß aus der Küche verputzt, jeder Postbote gebissen werden.
Ich treibe Herrchen garantiert jede Verschwörung aus. Ich würde allerdings meine Pfote nicht ins Feuer legen, ob Herrchen ohne mich nicht doch noch auf Verschwörungstheorien verfallen würde, um sich ein bisschen wichtig, angeregt und informiert zu fühlen. Was hat er denn sonst, abgesehen von mir, außer Abwegen?
Auch Populisten fehlen die Hunde. Populisten wissen, dass sie das tägliche Chaos, den Katarakt der Katastrophen benötigen, um behaupten zu könne, dass sie alles Chaos rasch wegzuräumen imstande seien – egal wie friedlich die Welt ihrer Umgebung gerade ist. Aber auch Populisten erkennen sich nicht selbst und damit ihr Hunde-Defizit, sonst würden sie das natürliche Angebot des Hundes annehmen, für sie alles Chaos auf sich zu nehmen (nicht eben den Weltuntergang oder das Ende Deutschlands, zugegeben, aber als Ersatz doch das Erscheinen des Wildes, Hundebegegnung, Essbares am Wegesrand, das Auftauchen von Postboten, Fensterputzern, Besuchern beim Nachbarn). Welche Last wäre ihnen genommen, wenn sich Populisten nur noch um ihren Hund kümmern müssten.
Womit ganz nebenbei klar wird, weshalb der amerikanische Präsident derzeit eine so verrückte Politik betreibt. Es fehlt der Hund im Weißen Haus. Immer hat es dort Hunde gegeben. Zuletzt Commander, den Hund von Joe Biden, der sein Herrchen von allen finsteren Weltmachtgedanken abzuhalten verstand, indem er dauernd Mitarbeiter des Präsidenten biss. Oder nehmen wir Obama. Was erinnern wir von seiner Politik? Nichts. Aber dass er einen hübschen Portugiesischer Wasserhund hatte, das wissen die Leute noch. Bo hieß er.
Und wie bei Obama wird es dann wohl auch bei uns sein. Kein Mensch wird sich später an Herrchen erinnern, schon gar nicht an sein fragwürdiges Oeuvre. Aber man wird wissen, dass er diesen großartigen Hund hatte, diesen Elvis, mich.
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