Betreff: Seniorennapf
Neulich sprach meine Hausärztin aus, was wir alle sehr wohl wissen: „Elvis gehört jetzt zu den Senioren.“ Sie sprach es aber mit einer gewissen spöttischen Fröhlichkeit im Blick, aus der ich nicht recht schlau wurde. Hält sie mich bei meiner brillanten Konstitution nicht ernsthaft für einen Senior und hat das nur wegen meines Geburtsdatums so dahingesagt? Oder glänzte da schon die Vorfreude, mich künftig häufiger zu sehen, so als alten und kranken Mann?
Nun, eine entscheidende Frage scheint mir das nicht, denn ich muss ja jetzt schon alle schnauzelang hin: Wurmkur, Anti-Zecke, Impfen, kleine häusliche Unfälle und andere Wehwechen. Viel wichtiger scheint mir dann doch die Frage, wie ich zu Herrchens Satz über sein eigenes Senioren-Dasein stehe: „Nie gelebt und schon alt.“
Natürlich wäre das ein schlimmes Eingeständnis, wenn es denn stimmte. Aber halten wir doch mal fest, dass Herrchens Leben spätestens in dem Moment begann, da ich in sein Leben trat. Also spät, aber spät ist bekanntlich besser als nie. Für mich freilich ist das nicht so einfach zu beantworten. Ich hatte ein tolles Vorleben vor der Zeit mit Herrchen, etwa als Superrüpel im Tierheim.
Was mir aber auffällt: Dass meine intensive Zeit von damals mir viel langsamer vergehend vorkam, obwohl sie viel kürzer war, als die Zeit bei Herrchen. Nach meinen Rüpeleien ganz zum Anfang auch bei ihm nämlich begann mein Leben dahinzuschnurren gleich dem ICE immer geradeaus auf der Raserstrecke durchs Havelland nach Berlin. Also vergeht nichtgelebtes Leben offenbar tatsächlich viel schneller als gelebtes.
Ich denke, Herrchen beneidet mich im Grunde genommen um meine wilden Jahre. Er hatte keine, sagt er, er sei schon immer der Langweiler gewesen, froh, wenn er in Ruhe gelassen wird. Obgleich da manchmal Geschichten erzählt werden, die könnten durchaus auch im Tierheim spielen, im übertragenen Sinn natürlich. Na, lassen wir das. Hier ist von mir die Rede, nicht von ihm und seinen Eskapaden.
Eigentlich müsste ich mich darüber aufregen, dass in Langeweile und ritualisiertem Gleichmaß der Tage mir die Zeit so rasch dahinschwindet, nun schon hinein ins Seniorendasein, wie gesagt. Aber es gelingt mir nicht. Ich finde – und das bleibt jetzt bitte unter uns –, dass ich es bei Herrchen ganz gut getroffen habe, in erster Linie natürlich wegen Frauchen. Und mein immer so missmutiges Herrchen würde ich am liebsten manchmal mit der Schnauze anstupsen, um ihm klarzumachen, dass wild gelebte Jahre vor allem eines sind: furchtbar anstrengend und sinnlos.
Kurzum, ich bin eigentlich ganz gern Senior. Als uns neulich Bärchen besuchte, auch ein Senior, allerdings viel älter als ich, hatte ich dank meiner Seniorengelassenheit nicht einmal mehr etwas dagegen, dass er sich auf einem meiner Sofas ausruhte (siehe Foto), während ich daneben auf dem nackten Küchenboden lag. Früher eine undenkbare Konstellation. Ich hoffe nur, Herrchen wird jetzt nicht auch noch so abgeschmackt sein, mir mit dem Seniorennapf zu kommen.
Elvis...mein Guter, wie alt bist du denn ?? Also ich würde sagen, du hast dich gut gehalten...👍
AntwortenLöschenNa ja, da Elvis männlich ist, darf die Frage gestellt werden.
AntwortenLöschen